Drei Segelcrews des KCF
machen sich auf in den hohen Norden
Lofoten, bereits vor 2 Jahren wurde von unserem Mitglied Klaus Steiger die Idee geboren. Abseits bekannter Wege in einem völlig neuen Revier zu segeln,toll. Die Idee fand recht schnell begeisterten Zuspruch, so dass sich am 30.5.2015 23 Segelbegeistere, verteilt auf 3 Crews, von Frankfurt auf den Weg nach Tromsö machten.
Nach unspektulärem Flug kommen wir pünktlich in Tromsö an. Dann der erste Schock – es fehlen 6 Gepäckstücke!
Dennoch ließen wir uns die gute Laune nicht verderben. Die Skipper Klaus Steiger, Bernd Schröder und Oliver Schuster nahmen mit ihren Crews ihre Boote in Empfang. Am nächsten Tag die erlösende Nachricht: Das fehlende Gepäck war, wenn auch tröpfchenweise erst gegen 14:00 Uhr komplett, so dass das letzte Boot gegen 16:00 Uhr ablegen konnte. Da wir über dem Polarkreis waren, spielte die Uhrzeit bei 24 Stunden Helligkeit nur eine untergeordnete Rolle.
Trotz Temperaturen, die selten die 8 Grad C erreichten oder gar überschritten und teilweiser sehr „hoher Luftfeuchtigkeit“, genossen wir die wundervolle Landschaft und die faszinierenden Lichtverhältnisse.
Ein erstes beeindruckendes Erlebnis war die Passage des Rystraumens, den wir bei ablaufender Tide, mitlaufendem Strom und passendem Wind, in Rauschefahrt passierten. Bei stark zunehmendem Wind durfte sich unsere Crew gleich der 1. Herausforderung stellen und mit zu 7 Bft. segeln. Glücklich erreichten wir gegen 23.00 Uhr unseren Ankerplatz in Botnhamn.
Am nächsten Tag hatten wir traumhaft schönes Wetter, passende Winde, so dass wir gegen 18:00 Uhr in Senja-Hamn anlegen konnten.
Ein Teil unserer Crew machte sich auf zu einem kleinen Hügel um den „Sonnenuntergang“ gegen 24:00 Uhr zu beobachten, wobei die Sonne ja gar nicht untergeht, sondern der Wasseroberfläche nur nahe kommt. Aus dem „Sonnenuntergang“ wurde aber nichts, weil sich der Himmel inzwischen wieder zugezogen hatte. Statt Sonnenuntergang gab es dafür eine Gruppe Delphine zu bestaunen. Die Sonne geht in den Breiten, in denen wir gesegelt, sind vom 19. Mai bis 26. Juli nicht mehr unter – dafür geht sie vom 26.11. bis 15.01 nicht mehr auf- in dieser Zeit herrscht die Polar Nacht.
Dienstag, den 02.06.W
ind und Regen – beides zunehmend. Nachmittags beschlossen wir, unsere geplante Route zu ändern und machen schließlich gegen 15:00 Uhr in Gryllefjord fest. Klaus liegt mit seiner Crew schon da.
Mittwoch 03.06
Hurra die Sonne scheint! Unsere völlig durchnässten Segelklamotten sind weitgehend wieder trocken. In diesem Fall bewährt es sich, dass unsere Boote – wir hatten eine Delphia 47 , die „Arctic Light“– übrigens ein Boot, mit dem wir sehr zufrieden waren – mit Kuchenbude und 2 getrennt funktionieren Heizungen ausgerüstet war.
Ein Teil unserer Mannschaft ist mit der Reparatur des Lazy-Jacks beschäftigt. Werner, der Leichteste, wird am Mast hochgezogen. Der andere Teil der Mannschaft frühstückt inzwischen. Beide sind gleichzeitig fertig, so dass die „Frühstücks-Mannschaft“ gegen 8:00 Uhr bei ruhiger See ablegen und die „Reparatur-Mannschaft“ ihr Frühstück einnehmen kann. Heute werden wir für den gestrigen Tag voll entschädigt. Ca. 60 Seemeilen beträgt unsere geplante Strecke. Das Gefühl für Zeit und Raum geht bei andauernder Helligkeit allmählich verloren. Gegen 18:00 Uhr lassen wir schließlich in einer schönen geschützten Ankerbucht der Insel Blokken den Anker fallen.
Donnerstag 4.6.
Beim Blick aus dem Fenster entdecken wir bis weit herunter ans Wasser Neuschnee! Wir machen uns auf in den Trollfjord, einem der Höhepunkte unserer Reise. Heute haben wir wenig Wind und fahren unter Maschine durch den ca. 100 m breiten Raftsund in den Trollfjord. Hier treffen sich alle 3 Yachten und liegen in spiegelglatten Wasser im Päckchen wenige Meter bei einem Wasserfall vor senkrechten Felswänden im Hintergrund.
Nach kurzer Mittagsrast geht’s weiter über Ulvägsundet an der Südspitze Storemollen vorbei in Richtung Svolvaer. Klaus nimmt den Weg durch den Oyhellesund. Alle Crews treffen sich im Yachthafen Svolvaer. Sönke organisiert für alle 23 Teilnehmer ein Essen in der Börsenspisen, einem ganz urigen Lokal. Die meisten Teilnehmer testen den berühmten Stockfisch. Wir stellen wieder fest: Norwegen ist kein Land für preiswerten Urlaub. Gegen 24:00 Uhr sind wir auf dem Heimweg. Es ist taghell, der Tagesrhythmus ist uns total verloren gegangen.
Freitag, 5.6.
ein Teil der Mannschaft geht einkaufen. Wir müssen unsere Vorräte ergänzen. Der andere Teil legt ab, tankt Diesel und fährt in den Stadthafen. Dort treffen sich alle wieder.
Bereits am Montag war einer unserer Mastrutscher gebrochen. Der Vercharterer wollte dafür sorgen, dass das Ersatzteil bei einem Bootsausrüster, zufällig neben unserem Liegeplatz, hinterlegt sein soll. Das Teil war aber nicht da. Wir hatten die Hoffnung schon aufgegeben und erhielten kurz vor dem Ablegen ein Päckchen. Erfreut konnten wir den Mastrutscher ersetzen und gegen 12:00 Uhr losfahren. Kurs immer 270 Grad. Nach schönem Segeln erreichten wir gegen 21.30 Uhr Nusfjord, ein ehemals bedeutender Stützpunkt der Dorschfänger. Heute ein Museumsdorf. Wir befinden uns jetzt mitten in den Lofoten. Die Landschaft ist so traumhaft schön, dass man nicht weiß, wo man zuerst hinschauen soll.
Samstag 6.6.
Heute ist ein schöner Tag, relativ warm, fast 10 Grad C! Wir segeln bei mäßigem Wind nach Reine, ziemlich im Süden der Lofoten. Reine soll eines der schönsten Dörfer in den Lofoten sein. In Reine können wir unzählige mit Stockfisch bestückte Trockengestelle bewundern.
Sonntag, 7.6.
Wir verlassen den südlichsten Punkt unserer Reise und segeln wieder Richtung Norden. Heute ist unser bisher schönster Segeltag. Sonne, passender Wind, sodass wir ca. 40 nm auf einem Bug mit bis zu 9 kn nach NE segeln können. Gegen 16:30 Uhr legen wir an dem einzigen Steg in Skroven an. Auf der anderen Seite liegt ein Schwede, der aus Göteborg hierher gekommen ist. Später kommen Klaus und kurz darauf Oliver an. Klaus legt sich mit uns ins Päckchen, Oliver ankert in etwa 200 m Entfernung.
Montag 8.6.
Weiter geht’s in Richtung NE. Der Wind frischt mehr und mehr auf, kommt achterlich mit entsprechender Welle, so segeln wir mit Rauschefahrt durch den Västfjord. Mit passendem Strom geht es weiter durch den Balladstraumen, Sandtorkstraumen, Steinslandstraumen. Der Strom schiebt stellenweise mit 3-4 Kn.
Gegen Abend knurren dann doch die Mägen bevor wir an unserem vorgegebenen Ziel sind. Wir beschließen, in einer ruhigen Bucht zu ankern und wollen nach einer Rast unsere Reise fortsetzen. Plötzlich klemmt die Steuerung. Wir stellen schnell fest, dass die Steuerseile aus dem Quadranten gesprungen sind und sich vertörnt haben. Die Schadensbehebung kostet uns doch etwas Zeit, so dass wir gegen 0.30 Uhr in Harstadt anlegen können.
Dienstag, 9.6.
Ruhetag – Landgang. Harstadt ist ein reiner Handelsplatz. Was uns auffiel waren zahlreiche junge Frauen in Tracht und junge Männer in dunklen Anzügen, die wir in der Nähe des Harstadt-University-College antrafen. Wir nehmen an, dass dort irgendein erfolgreicher Abschluss gefeiert wurde.
Mittwoch 10.6.
Nach dem Ablegen segeln wir bei auffrischendem Wind nach Finnsnes. Wir haben es wieder gut getimt. Wind und Strom passen, so dass wir mit 8-9 Ktn. durch den Solbergfjord segeln und am Nachmittag im Bootshafen Finnsnes anlegen können. Der Hafen ist voll. Wir legen uns, nach Rücksprache mit einem einheimischen Steglieger, an die Stirnseite eines Steges und vertrauen darauf, dass der Liegeplatzbesitzer mit seinem Boot nicht erscheint. Später kommt Klaus noch hinzu und legt sich mit uns ins Päckchen.
Donnerstag, 11.6.
Wir haben immer noch raume bis achterliche Winde und erwischen wieder den richtigen Zeitpunkt um bei mitlaufendem Strom durch den Rystraumen zu segeln. Mitten in der Enge (ca. 0,4 nm) kommt uns ein riesiger Kreuzfahrer entgegen. Der Kapitän beugt sich über seine Brücke und ruft uns so was wie „meine Hochachtung“ zu! An Bord sehen wir überall die Fotos auf uns gerichtet. Wahrscheinlich sind wir jetzt in vielen Fotoalben verewigt. Nach der Passage normalisiert sich unser Adrenalinspiegel wieder. Mit einer Segelyacht ist auch ohne eine derartige Begegnung die Durchquerung dieser Engstelle kein ganz einfaches Unterfangen. Diese Begegnung war natürlich noch lange unser Gesprächsstoff.
Schließlich finden wir nach einigem suchen im Ramfjord einen Ankerplatz.
Freitag 12.6.
Heute ist unser letzter Segeltag. Gegen 17:00 Uhr müssen wir wieder an unserem Ausgangspunkt zurück sein.
Wir haben schwache bis mäßige, immer noch raume bis achterliche Winde, passieren bei gemächlicher Fahrt die Tromsö-Brücke und können so das schöne Panorama der Stadt und ihres Umlandes genießen. Aus dem Stadtbild stechen besonders die Eismeer-Kathedrale auf der Festlandseite und das auf der Insel gelegene Polaria-Museum hervor.
Am nördl. Ende der Insel frischt der Wind plötzlich auf. Da wir noch viel Zeit haben, beschließen John und ich „Lustsegeln“ ohne besonderes Ziel – einfach nur dem Wind folgen. Nachdem vom Skipper kein Widerspruch kommt, lassen wir unsere „Arctic Light“ nach Herzenslust laufen. Später müssen wir sogar noch ein Reff einbinden. Wir haben einfach nur Spaß!!
Gegen 16:00 Uhr hat der Spaß aber endgültig ein Ende.
Wir legen an unserem Ausgangspunkt wieder an und dürfen nach 503 zurückgelegten Seemeilen auf viele schöne Erlebnisse zurückblicken.
Kurz nach uns treffen auch die beiden anderen Crews ein
Am Samstag, den 13.6.
besteigen bei ca. 8 Grad C. in Tromsö unseren Flieger und landen abends glücklich und zufrieden im „tropischen“ Frankfurt.
Manfred Keppler
Crewmitglied auf der Arctic Light mit Skipper Bernd Schröder