Sjaelland Rund 2019, oder unfinished business.
Von Donnerstag 27.06. 10:00 Uhr bis Samstag 29.06. 16:00 Uhr
242 sm in 48 Stunden und 40 min Segelzeit.
Durchschnittliche Geschwindigkeit 5 kts
Helsingor Nordhafen 06:00 Uhr.
Die ganze Nacht hat der Wind gepfiffen, dieses lange traurige Stöhnen, aber dafür klappern keine Wanten mehr. Die losen Störenfriede in jeder Marina sind stumm: stramm gezogen vom Wind können sie ihr übliches nervendes Klappern nicht von sich geben.
Aber Schlafen konnte ich trotzdem nicht. Zuviel Aufregung und Respekt vor dem, was die nächsten Tage bringen werden. Letztes Jahr war es genauso.
Helsingor Nordhafen ist ein Ort voller Typen mit Insomnia in diesen Tagen und das nur, weil im Jahr 1947 einige Mitglieder des Helsingor Segelclubs die Idee hatten, ein Rennen um die Insel zu veranstalten. Diese Insel heißt Sjaelland. Sjaelland, größte von den vielen dänischen Inseln mit Kopenhagen im Osten, der Großen Beltbrücke im Westen, dem stürmischen Kattegat im Norden und dem engen Fahrwasser bei Vordingborg im Süden.
Einmal rum sind 216 sm.
In den 80er Jahren war dies die größte Langstreckenregatta überhaupt, mit teilweise über 2000 Booten am Start, und der Hafen von Helsingor so voll, dass man quer rüber laufen könnte, von Boot zu Boot, so eng waren die Massen an Teilnehmern gepackt. Das hat mir Herrn Christiansen vom Hafenbüro mit stolzer Stimme erzählt. Aber diese Zeiten sind vorbei. 147 Boote sind dieses Jahr gemeldet, in verschiedenen Kategorien: Racing, Cruising, Einhand, Zweihand oder Voll Racing Crew, ein Carbon Bomber von Knierim, 2 Swans und eine Oyster.
Von den 147 Booten werden 21 im Laufe das Race aufgeben!
H-Boote sind selten. Obwohl wir letztes Jahr zu sechst hier waren, sind wir dieses Jahr nur zwei, Florian und ich, in einer kleinen Gruppe von 6 Einhandseglern. Einhand Cruising heißt unsere Gruppe, die anderen 4 Boote sind Lokals. Und glaub mir, die Typen können segeln! Und kennen sich aus in diesen Gewässern.
Mit dem Orlesund vor der Haustür sind die Jungs jeden Abend am Trainieren, J 22 ist die bevorzugte Waffe. Aber alles, was schwimmt, wird gesegelt.
Neben mir am Steg ist eine IW 31 von Sparkmen and Stephens, ein Offshore Racer aus den 70er Jahren, etwas heruntergekommen, aber mit einem Körper wie ………….
Ja, über schöne Boote kann ich stundenlang reden. Und alle Boote sind irgendwie schön.
Es ist 07:00 Uhr und Zeit zum Frühstücken. Kaffee, eggs und bacon und ein paar Marmeladebrote sind die bevorzugte Athletennahrung an Bord.
08:30 Uhr Steuermannsbesprechung in Dänisch,
08:45 Uhr das gleiche in Englisch für alle anderen.
Es sind vielleicht 15 Nicht-Dänen, die eine ganz passable englische Erklärung bekommen, über das, was uns erwartet.
Es wird gegen den Uhrzeigersinn gesegelt, wir sollen Sjaelland auf backbord lassen.
Gruppe 1, die 6 Einhänder, starten um 10:00 Uhr als Erste, 10 Min. später Zweihänder usw. In dem Oresund haben wir Strom gegenan und Wind gegenan, eine Seeschifffahrtsstraße liegt auf Steuerbord. Wer dort hineinfährt wird disqualifiziert usw., lauter Vorschriften und Regeln.
Aus Sicherheitsgründen dürfen Einhandsegler alle 24 Stunden Race-Zeit eine 4stündige Pause nehmen. Diese 4 Stunden werden nicht zur Segelzeit gerechnet, d.h. von 10:00 Uhr Donnerstag bis 15:00 Uhr Sonntag hat man Zeit, die ca. 240 sm zu segeln. Wer nach 15:00 Uhr Sonntag, in Helsingor nicht über die Ziellinie ist, wird als DNF bewertet.
Florian und ich laufen, tief in Gedanken, wortlos zurück zu unseren Booten. Wir überlegen, sollen wir jetzt schon reffen oder abwarten? Über die Hafenmole sehen wir nur die Spitze von einem Mast ohne Segel. Das Schiff unten fährt gegenan unter Motor, und wir sehen, wie der Mast mindestens 2m nach vorne und 2m nach hinten wippt. Florian schaut mich an und ich sage: „Ja, ich glaube ein Reff kann nicht schaden“.
Die Zeit wird knapp, ich muss auslaufen, sonst verpasse ich den Start. Mit meinem kleinen Elektroquirl fahre ich aus dem windgeschützten Hafen, und nach der Hafenausfahrt biege ich ab nach backbord. Ja, wir haben Wind. Die Fock wird gleich ausgerollt und ich fange an zu segeln, Elektromotor ausschalten und gleich die Sicherheitsleinen einhängen. Es ist bockig. Ich gehe hoch am Wind mit der Fock, mache das Großsegel los und ziehe es hoch. Das erste Reff vorher einzubinden war goldrichtig. Großschot dicht geholt und wir legen los. Boot ist gut beherrschbar. Mist, ich habe den Elektroaußenborder vergessen. Ich hänge die Pinnenselbststeuerung ein, schalte sie ein und schau, dass ich niemandem in die Quere kommen kann, krabble nach hinten, ziehe den Außenborder hoch und binde ihn fest.
Die anderen Boote scharen sich um die Startlinie herum, man versucht, so nah an der Startlinie wie möglich zu bleiben, um in den 10 Minuten Zeitfenster rüber zu kommen. Der Strom hat es in sich und wir machen wenig Fahrt über Grund. Ein Schuss, und wir alle stürmen los Richtung Küste und hoffen, auf weniger Strömung zu treffen. Das Boot bockt und viele Wellen finden ihren Weg ins Boot.
Bei einer Wende hat mich eine Welle erwischt und durch das Cockpit geschmissen. Ich knallte gegen den Cockpitrand mit meinen Rippen. Das tut vielleicht weh! Aber erst muss ich die Wende fahren. Und es war gut, dass ich angeleint war.
Das Schöne am Segeln ist, dass man gleichmäßig nass wird, wenn man vergessen hat, rechtzeitig sein Ölzeug anzuziehen. Instinktiv duckt man sich, wenn das Wasser angeflogen kommt, was eigentlich falsch ist, denn mit dem Kopf nach unten findet das Wasser einen direkten Zugang über den Hinterkopf und Nacken bis zu den Kniekehlen. Mit der Zeit hebe ich mir die Arme vor den Kopf, um die Wellen abzuhalten und einigermaßen trocken zu bleiben.
Und jetzt fängt das lange Kreuzen nach Norden an. Alle 15 Minuten wendet man. Wir alle fahren die gleiche Strecke. Taktisch gibt es nur einen Weg, eng an der Küste entlang bis man den Wendepunkt im Sjaellands Rev ansteuern kann. Mit der Zeit wird mir kalt und mit der wieder eingeschalteten Pinnensteuerung gehe ich nach unten, um mir trockene Sachen zu holen.
Im Boot ist alles voll Wasser. Und ich muss feststellen, dass meine Vorderluke undicht ist. Ich suche mir den Faserpelz und mein Ölzeug aus der Tasche, und obwohl es nass ist, ziehe ich es trotzdem an. Die dicken norwegischen Wollsocken halten warm, auch wenn sie nass sind. Mit etwas bedrückter Stimmung setze ich mich wieder ins Cockpit, hänge meine Sicherheitsleine ein und betätige die Lenzpumpe. Ich hatte sie vorher nie ausprobiert und war erstaunt, wie schnell sie das Wasser aus dem Boot brachte, nach 10 Minuten war es erledigt.
Ok, so shit happens 🙂
Aber die Sonne scheint, und das Boot läuft wie auf Schienen, trotzt diesen giftigen Kattegatwellen. Was mich psychologisch aufbaut, sind die überholenden Rennyachten. Mit 6 Mann an der Reling ziehen sie winkend zügig vorbei, mit Daumen-hoch-Zeichen zeigen sie ihren Respekt für die einsamen Einhandsegler.
WOW, wir surfen eine Welle herunter und auf der Logge zeigt sich 8,5 kts und das hoch am Wind.
Mein Kapitalfehler vom letzten Jahr habe ich nicht wiederholt. Im Cockpit habe ich eine Wasserkiste festgelascht, habe ca. 30 Müsliriegel und Bananen griffbereit und mein I-Phone in einem nagelneuen, wasserdichten Gehäuse, angeschlossen an einen dicken Akkupack, und voll mit Seekarten geladen.
Ok, so, die Nacht kann kommen.
Gegen 21:00 Uhr bin ich bei Sjaelland Rev. Die enge Passage ist gut mit Bojen markiert und leicht zu erkennen. Mit drei anderen Booten drehen wir leicht nach Südwesten ab Richtung Sejero.
Die Wellen kommen jetzt mehr von Achtern, und der Wind scheint etwas nachgelassen zu haben, aber bei Vorwindkurs ist das immer so. Meine Rippen tun mir immer noch weh.
Das Schiff auf meiner Backbordseite, ein Zweimannboot, hisst einen wunderschönen blauen Spinnaker und mir geht der Gedanke auch durch den Kopf, Spinnaker zu setzen, aber mit meinen demolierten Rippen habe ich keine Lust auf dem Vorschiff rumzuturnen.
10 Minuten später macht es buff, und der Spinnaker vom Nachbar ist weg. Etwas erstaunt erkenne ich, dass der Spiefall sich gelöst hat. Meine Nachbarn sind für die nächsten 10 Minuten beschäftigt, ihren ehemaligen Spinnaker und jetzigen Seeanker zu retten. (Ich habe die zwei im Hafen getroffen am Sonntagmorgen, sie haben mir erzählt, dass der Spiefallschekel sich selbst gelöst hat und sie erst 12 Stunden später bei Flaute Zeit hatten, den Spiefall wieder runter zu fummeln).
Gegen 22:00 Uhr fängt die Sonne an, unterzugehen. Und der Himmel im Westen wird rot, was ein gutes Zeichen ist. „Red sky at night, shepards delight“. Ich bin kein Schäfer, aber der Vorbote auf schönes Wetter baut meine Stimmung auf.
Die Nacht wird im Norden nie ganz dunkel, der helle Himmelstreifen im Westen wandert im Laufe der Nacht nach Osten, gegen 04:00 Uhr fängt der neue Tag an und zwischendrin hat man Madam la Luna als Begleitung. Die Nacht ist unauffällig, der Wind ausreichend, um zügig nach Süden zu fahren. Boote sind nur schattige Umrisse mit roten oder grünen Positionsleuchten. Ich beleuchte mein Grosssegel mit meinem Spotlight, um mich zu zeigen, prompt kommt eine Antwort und die Nachbarboote sind besser erkennbar. Rosnaes mit seinem Leuchtturm rutscht an uns vorbei und wir nehmen Kurs auf die Große Belt Brücke.
Mein Plan scheint aufzugehen. Ich will um 06:00 Uhr eine Pause machen und mein bevorzugter Hafen ist Korsor mit einem ausladenden Militärhafen für den Notfall und einem kleinen Yachthafen etwas südlicher.
Bei Tageslicht ist das Anlaufen des Yachthafens problemlos.
Unter Segel fahre ich hinein und bin überzeugt, dass ich genug Platz finde, um einen Aufschießer zu fahren und an einer Dolbe festzumachen. Das ging beinah schief. Aber no risk, no fun, vier Boxen sind leer, und ich kann durch die Dolben schießen und den Aufschießer längsseits dem Steg fahren. Vor mir ist ein halb verrottetes 8m-Schiff, und ich glaube, der Besitzer wäre froh, wenn ich ihn gerammt und versenkt hätte. Aber ich kam kurz davor zum Stehen.
Jetzt kommt die Sonne raus und der Wind, wie in der Wettervorhersage prophezeit, geht runter. Ich nehme mir 5 Minuten Zeit, um mich zu fassen und fange dann an, mich aus den nassen Klamotten raus zu schälen. Der Hafen ist ruhig und ich kann den ganzen Steg mit Klamotten und Bootsinventar zum Trocknen auslegen.
Schiff aufräumen, was zum Essen machen, Tee (geht schneller), 08:00 Schlafen.
Um 10:00 Uhr bin ich wieder wach. Ich suche die trockensten Kleidungsstücke zusammen und verpacke den Rest im Schiff. Ich will um 12:00 Uhr auslaufen, dann habe ich vier Stunden von Tag 1 und zwei Stunden von Tag 2 benutzt. Cleveres Kerlchen! Es war sowieso Flaute.
Gegenüber ist eine Yacht mit englischer Heckflagge, die Crew ist ein englisches Ehepaar. Der Skipper sieht, dass ich auf Backbord unter der Saling eine Red Ensign gesetzt habe, das zeigt, dass ein Crewmitglied Engländer ist. Mit einer deutschen Heckflagge und nur einer Person an Bord, war er schon neugierig. Wir haben 10 Minuten geschwätzt über Gott und die Welt und kein Wort zum Brexit.
Mir geht’s gut, Wetter ist schön, Boot ist ganz. Ich habe die Schwerwetterfock ausgetauscht gegen eine Leichtwindfock. Unter Elektromotor fahre ich aus dem Hafen. In dem betonnten Fahrwasser soll man drinbleiben, denn nach Backbord wird es schnell flach, und ich möchte nicht wie letztes Jahr auf einer Sandbank landen.
Mit wenig Wind drifte ich nach Süd-Osten und will den Egerso Sund durchfahren. Nach ungefähr einer Stunde kommt Wind aus Westen auf, und mit zunehmender Geschwindigkeit kann ich den sanften, wellenfreien Egerso Sund durchfahren. Der große Ölhafen zieht zügig an mir vorbei und mit Kurs 116 Grad geht’s ab Richtung Vordingborg. Sonne, Halbwind, warm, perfektes Segelwetter.
Langsam kommt die Storstrombrücke in Sicht und mit 2 Booten vor mir und einem hinter mir, fahren wir das enge Fahrwasser des Storstroms, wechseln zu der anderen Uferseite und um 22:00 Uhr fahren wir durch die Faro Brücke.
So und jetzt wird’s eng. Die Nacht ist wunderschön, eine leichte Brise aus der richtigen Richtung, teils achterlich, teils Halbwind und nie gegenan. Wir schleichen geräuschlos wie Geister durch die Nacht. Ringsherum ist Wald, und leichter Nebel kommt auf und legt sich aufs Wasser; traumhaft aber beunruhigend.
Mit dem Ulv Sund und der Brücke bei Kalvehave hinter uns, ist der Weg frei für die große Stege Bugt. Glücklicherweise habe ich einen sehr starken LED Strahler an Bord. Die Wegpunkte sind illuminiert. Wenn man die einmal angestrahlt hat, leuchten sie nach, genial.
Gegen Mitternacht explodiert der Himmel. Irgendwo im Norden geht ein Feuerwerk los und eine gefühlte halbe Stunde hat man Probleme, ans Navigieren zu denken. So schön ist der Nachthimmel!
Vor mir liegt der Bogestrom, und ich weiß, dass das Navigieren einfacher wird, wenn ich einmal da raus bin. Langsam wird es heller und man kann die Wegmarkierungen gut erkennen. Und weit im Osten hat man den Wegepunkt 461 mit seinem Licht als Ziel. Ausatmen – wir sind raus.
Und jetzt müssen wir nur nach Norden an der Küste entlang. Die Faxe Bugt wird mit Halbwind und Pinnensteuerung bewältigt, unterwegs mache ich was zu Essen. Ich habe wunderschöne Tüten Astronautenmahlzeiten an Bord. 300 ml kochendes Wasser ab in die Tüte und 7 Minuten später hat man eine wunderschöne Mahlzeit – so die Werbung. Nach 3 Löffeln davon, muss ich feststellen: die haben gelogen oder keinen Geschmack. Aber ich wollte sowieso abnehmen. Gott sei Dank habe ich noch Bananen und Müsliriegel an Bord. Und mit einer heißen Tasse Tee im Bauch und einer schönen Morgensonne im Osten lasse ich um 05:12 Uhr den Reporting Point Stevns Kirchen quer ab. Das Kirchengebäude ist eine architektonische Bekanntheit.
Der Leuchtturm Falsterborev liegt steuerbord und mit großem Abstand zu der Seeschiffahrtsstrasse segle ich nach Norden Richtung Dragor, dem nächsten Reporting Point.
Die Kreidefelsen an der Küste ziehen vorbei, und langsam wird es ungemütlich. Ich habe die Koge Bugt unterschätzt und mit einer giftigen Welle und Starkwind bolzen wir nach Norden. Irgendwo da oben liegt Kopenhagen, aber in dem Morgendunst ist nichts zu erkennen. Diese ewige Rumschauklerei geht mir langsam auf den Keks und ich fange an, ein Gespräch mit meinem Kompass zu führen. Müdigkeit soll man nicht unterschätzen. Langsam kommt Drogden in Sicht, und ich weiß, dass diese Wellen gleich aufhören werden. Ok, raff dich zusammen!
Entweder mache ich jetzt Pause und riskiere, dass dieser perfekte Wind nachlässt und ich hänge in der Flaute oder ich ziehe durch. Mit der jetzigen Geschwindigkeit bin ich schätzungsweise um 17:00 Uhr im Ziel. Ich bin zu weit gekommen, um es zu riskieren. Mit der Abdeckung von der Küste wird es keine großen Wellen geben. Mit dem Wind aus Westen, mit der Stärke kann ich gut durchziehen. So, ab nach Norden.
Das Fahrwasser am Dragor vorbei ist gut betonnt. Und mit dem offshore Windpark von Middelgrund kann man sich nicht verlaufen. Ich lasse die Windkrafträder auf Steuerbord, um die heftige Berufsschifffahrt zu vermeiden. Es ist ein wunderschöner Segeltag, 6 kts und mehr stehen auf der Log. Keine Wellen.
Ich fahre nach Norden, aber irgendwie habe ich das Gefühl, ich würde nie ankommen. Es ist Samstag, und viele Segler sind unterwegs. Bei dem schönen Segelwetter ist jeder auf dem Wasser.
Vedbaek liegt quer ab und jetzt erkenne ich die Küste.
Letztes Jahr habe ich hier zusammen mit Roland und Peer eingekrant. Wir sind dann zusammen nach Helsingor gesegelt.
An der Insel Ven vorbei den Oresund hoch. Bei Humlebaek muss ich ein Reff einziehen, so stark hat der Wind zugenommen. Und gleich bei Snekkersten wieder raus. Ich stelle fest, dass ich müde bin. Jetzt bloß keinen Fehler machen.
Ich glaub es nicht. Vor mir kreuzt ein H-Boot. Es ist Florian, der mich heimführen will. Ich habe es nicht gewusst, dass er wegen Seekrankheit nach 4 Stunden abgebrochen hat und ist donnerstags zurück nach Helsingor gesegelt. Es baut unheimlich auf, Freunde zu haben. Und mit Florian in meinem Fahrwasser versuche ich, diese dabbische Ziellinie zu überqueren.
Mit Berufsschiffahrt und Fährschiffen, Strömung, drehendem Wind und giftig kurzen Wellen und hundemüde und alles gegen mich sowieso…., sind die letzten 2 sm zum Mäuse melken.
In meiner Verzweiflung habe ich einen langen Schlag bis beinah in den schwedischen Hafen Helsingborg gefahren, um genug Höhe zu schaffen, um nach Hause zu kommen.
Um 16:00 Uhr wird gehupt und ich bin drin. Geschafft!!!
Mit einer kräftigen Portion Freude und Stolz in der Brust segle ich im Helsingorer Nordhafen ein, den ich in der Zwischenzeit gut kenne und weiß, dass ich gegen den Wind an einer Dolbe anlegen kann.
So, was mach ich als erstes? Erst das Boot, Segel runter, Motor an, meine Box von den Tagen vorher ist noch für mich reserviert. So nix wie rein. Ich stinke wie ein Ziegenbock, weil jeder small boat Einhandsegler weiß, Pinkeln kann man nicht vermeiden. Und wer Gummistiefel anzieht, ist selber schuld. Bevor ich unter die Leute kommen kann, muss ich duschen und frische Klamotten anziehen.
Die Regattaleitung will mein Logbuch und den Tracker, der meinen Weg aufgezeichnet hat, zurückhaben.
Ich drifte zum Clubhaus und in etwas nebligem Zustand liefere ich alles ab. Eine nette Dame sagt, ich solle mich hinsetzen und was essen und ein paar Liter Wasser würden mir auch guttun. Zwei Teller Eintopf, später geht’s mir besser.
Es gibt keine Siegerehrung. Und mit etwas enttäuschter Stimmung steige ich ins Bett. Zwischenzeitlich ist es 18:00 Uhr, und ich denke, es ist Zeit zum Schlafen.
Draußen ist es hell und der Bass, bumm, bumm, von einer Disko hat mich geweckt. Die Sonne scheint, es ist 05:00 Uhr.
Mir geht’s gut und ich muss mein Boot, das mir so gute Dienste geleistet hat, aufräumen.
Nur wenn man vollstes Vertrauen in sein Boot und in die Ausrüstung hat, kann man sowas machen.
Und nächstes Jahr 2020?
Ein geeignetes Boot chartern und mit einer 6 Mann Crew die lange Route nehmen?
AND RACE WITH THE BIG BOATS.
Wer Interesse hat mitzumachen: Anruf genügt.
still crazy after all these years
John Sykes